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Einführung

Am 31. Juli 2019 hat das Bundeskabinett den Gesetzesentwurf zur Änderung der grunderwerbsteuerlichen Regelungen für sog. Share Deals beschlossen. Der Regierungsentwurf wird nunmehr im dafür vorgesehenen Verfahren dem Bundestag zugeleitet. Mit dem Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2019 hatte des Bundesfinanzministerium bereits am 8. Mai 2019 die Reform der Grunderwerbsteuer bei Share Deals vorgestellt. Der Regierungsentwurf folgt größtenteils dem Beschluss der Finanzministerkonferenz vom 29. November 2018 und enthält Vorschriften, die einen Share Deal deutlich unattraktiver machen werden. Aufgrund des Beschlusses der Bundesregierung scheinen weitergehende Vorschläge vom Tisch zu sein.

In Kürze

Wie auch von der Finanzministerkonferenz vorgeschlagen, wird auch im Regierungsentwurf die Beteiligungsschwelle, ab der beim Erwerb von Beteiligungen an grundbesitzenden Gesellschaften Grunderwerbsteuer ausgelöst wird, von 95% auf 90% abgesenkt und die Frist während derer Anteilsübertragungen zusammengerechnet werden von 5 auf 10 Jahre (teilweise sogar bis zu 15 Jahren) verlängert. Der Erwerb von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften soll nun wie bisher der Erwerb von Beteiligungen an Personengesellschaften nicht nur dann der Grunderwerbsteuer unterliegen, wenn sich mindestens 95% der Anteile in einer Hand vereinigen, sondern auch dann wenn innerhalb von zehn Jahren unmittelbar oder mittelbar mindestens 90% der Anteile an der (Kapital-) Gesellschaft auf neue Gesellschafter übertragen werden. Die Übergangsregelungen zu den Änderungen bzw. neuen Vorschriften sind kompliziert und teilweise problematisch. In der Öffentlichkeit wird bereits das Fehlen einer "Börsenklausel" kritisiert.

Übersicht über die neuen Vorschriften

Grundsatz

Gem. § 23 Abs. 17 GrEStG-E werden die neuen Vorschriften erst ab dem 1. Januar 2020 auf Vorgänge angewendet, die nach dem 31. Dezember 2019 verwirklicht werden. Die Absenkung der Beteiligungsgrenzen und die Verlängerung von Fristen hat aber grds. auch Bedeutung für Rechtsvorgänge in (rückblickende Erfassung/Berücksichtigung von Anteilsübertragungen) der Vergangenheit. Dieser Grundsatz wird durch die Übergangsregelungen § 23 Abs. 18 bis 24 GrEStG-E ergänzt.

Neuregelung für Kapitalgesellschaften

§ 1 Abs. 2b GrEStG-E:
(2b) Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile der 3 Gesellschaft anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen außer Betracht.

Übergangsregelung § 23 Abs. 17 GrEStG-E: Gem. § 23 Abs. 17 GrEStG-E soll die neue Vorschrift § 1 Abs. 2b GrEStG-E erstmals auf Erwerbsvorgänge angewendet werden, die nach dem 31. Dezember 2019 verwirklicht werden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Verwirklichung des Steuertatbestandes ist somit das Verfügungsgeschäft ("Closing") und nicht das Verpflichtungsgeschäft ("Signing").

Da die Vorschrift neu eingeführt wird, bedarf es eine das Vertrauen schützende Übergangsregelung. Gem. § 23 Abs. 23 GrEStG-E findet die neue Regelung keine Anwendung, wenn das bindende Verpflichtungsgeschäft zur Anteilsübertragung vor Einbringung des Gesetzesvorhabens in den Bundestag oder Bundesrat bzw. Zuleitung des Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung an den Bundesrat abgeschlossen wurde und das Rechtsgeschäft durch Anteilsübertragung (Verfügungsgeschäft) nach diesem Stichtag erfüllt wurde.

Beispiel: Gesellschafterbestand ändert sich innerhalb der letzten fünf Jahre bis zum 1. Januar 2018 um 89%. Mitte 2019 wird ein Kaufvertrag über die Abtretung von weiteren 3% an C GmbH mit Wirkung zum 1. Januar 2020 vereinbart. Am 1. November 2019 wird der Gesetzesentwurf zur Einführung des § 1 Abs. 2b GrEStG in den Bundestag eingebracht.

  

Lösung: Grds. ist § 1 Abs. 2b Satz 2 iVm. § 23 Abs. 17 GrEStG-E erfüllt, weil innerhalb von 10 Jahren mehr als 90% der Anteile auf neue Gesellschafter übergegangen sind. Aber der Übergang von 3% bleibt wegen der das Vertrauen schützenden Übergangsregelung gem. § 23 Abs. 23 GrEStG-E unberücksichtigt. Keine GrESt!

Aufgrund des unklaren Wortlauts ist es derzeit fraglich, ob Erwerbe vor dem 31. Dezember 2019 zu den zukünftigen Erwerben nach dem 31. Dezember 2019 hinzuzurechnen sind. Nach den Grundsätzen des BFH Urteils vom 8. November 2000 (II R 64/98) dürften die Änderungen im Gesellschafterbestand vor dem 31. Dezember 2019 nicht berücksichtigt werden. Eine Klarstellung im Gesetzgebungsverfahren oder in einer zukünftigen Verwaltungsanweisung bleibt abzuwarten.

Beispiel: A GmbH erwirbt im Juli 2012 45% der Anteile an der PropCo GmbH. Im Juli 2020 verkauft B GmbH ihre Anteile an A GmbH und C GmbH.

  

Lösung: Grds. ist § 1 Abs. 2b Satz 2 iVm. § 23 Abs. 17 GrEStG-E erfüllt, weil innerhalb von 10 Jahren mehr als 90% der Anteile auf neue Gesellschafter übergegangen sind. Nach den von dem BFH entwickelten Grundsätzen dürften die Anteilübergänge vor dem 31. Dezember 2019 nicht berücksichtigt werden, so dass nur 55% der Anteile relevant bewegt wurden. Keine GrESt (str.)!

Neuregelung für Personengesellschaften

§ 1 Abs. 2a GrEStG-E:
(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5. Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 90 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend. […]

Übergangsregelung § 23 Abs. 18 GrEStG-E: Gem. § 23 Abs. 18 GrEStG-E soll die Verlängerung der Haltefrist und die Absenkung der Beteiligungsgrenze auf die Rechtsvorgänge angewendet werden, die nach Ablauf des 31. Dezember 2019 verwirklicht werden. Ist der Gesellschafter jedoch zum 31. Dezember 2019 Altgesellschafter nach dem bisherigen Recht, so kann er nicht nach dem neuen Gesetz Neugesellschafter werden. Für den Gesellschafter, der zum 31. Dezember 2019 Neugesellschafter nach dem bisherigen Recht ist, verlängert sich die Haltefrist auf 10 Jahre. Neugesellschafter ist nach bisherigem Recht jeder Gesellschafter, der noch nicht mindestens fünf Jahre an der Personengesellschaft beteiligt ist.

Beispiel: Seit Juni 2015 sind C GmbH und D GmbH an der A GmbH beteiligt. Im Juni 2018 überträgt C GmbH 40% ihrer Anteile auf D GmbH. Im Juni 2022 verkauft C GmbH (20%) und D GmbH (31%) ihre Anteile an E GmbH. 

Lösung: C und D GmbH sind zum 31. Dezember 2019 Neugesellschafter iSd. bisherigen Rechts. Folglich verlängert sich die Haltefrist auf 10 Jahre. Mit Verkauf an E GmbH wird A GmbH neue Gesellschafterin der PersGes. GrESt zu 100% ausgelöst!

Beispiel: X ist zu 90% an der PersGes beteiligt, die K GmbH zu 10%. An der K GmbH sind X mit 90% und Y mit 10% beteiligt. X tritt in 2018 seinen GmbH Anteil an A ab. In 2020 tritt X 80% der Beteiligung an der PersGes an A ab.

Lösung: Im Jahr 2018 keine GrESt gem. § 1 Abs. 2a GrEStG (bisheriges Recht!), da nur 90% der Anteile an der GmbH bewegt. Aber im Jahr 2020 werden unmittelbar 80% der Beteiligung und durch die Abtretung von 90% der Anteile an der K GmbH im Jahr 2018, insgesamt 90% der Beteiligung an der PersGes unmittelbar bewegt. Die Abtretung im Jahr 2018 wird gem. § 23 Abs. 18 Satz 2 iVm. § 1 Abs. 2a Sätze 3-5 GrEStG-E ebenfalls dazugezählt, da A zum 31. Dezember 2019 noch Neugesellschafter iSd. bisherigen Rechts ist und die Haltefrist sich somit um 10 Jahre verlängert. GrESt!

Übergangsregelung §23 Abs. 19 GrEStG-E: Gem. § 23 Abs. 19 Satz 1 GrEStG-E soll das bisherige Recht weitergelten, es sei denn der Rechtsvorgang ist nach § 1 Abs. 1, 2, 2a, 3 oder 3a GrEStG-E steuerbar oder ein vorausgegangener Rechtsvorgang war nach § 1 Abs. 2a GrEStG-E steuerbar. Denn die steuerauslösende Grenze von 90% wäre bereits vor diesem Rechtsvorgang erreicht gewesen, so dass sie durch die Aufstockung denklogisch nicht mehr überschritten werden kann.

Beispiel: Im Juni 2015 erwirbt A GmbH 94,9% der Anteile. Im Juli 2020 erwirbt C GmbH 5,1% der Anteile von B GmbH.

Lösung: Im Juli 2020 wird keine GrESt ausgelöst. § 1 Abs. 2a GrEStG-E ist nicht anwendbar, da zum 1. Januar 2019 bereits 94,9% der Beteiligung übergegangen waren, so dass "denklogisch" die Grenze von 90% nicht überschritten werden kann. § 1 Abs. 2a GrEStG iVm. § 23 Abs. 19 Satz 1 GrEStG-E ist nicht anwendbar, da die 5-Jahresfrist im Juli 2020 abgelaufen ist. Keine GrESt!

Übergangsregelung § 23 Abs. 22 GrEStG-E: Gem. § 23 Abs. 22 GrEStG-E ist § 1 Abs. 2a GrEStG-E anzuwenden, wenn das Verpflichtungsgeschäft (somit Signing) bis ein Jahr vor Einbringung des Gesetzesentwurfs in den Bundestag abgeschlossen wurde und das Verfügungsgeschäft (somit Closing) bis ein Jahr nach Einbringung des Gesetzesentwurfs in den Bundestag erfüllt wird.

Beispiel: A GmbH unterschreibt den Kaufvertrag über einen Erwerb von 94,9%. Die tatsächliche Übertragung erfolgt am 18. August 2020. Einbringung des Gesetzesentwurfs in den Bundestag am 20. September 2019.

Lösung: Im Jahr 2020 wird wegen der Übergangsvorschrift § 23 Abs. 22 GrEStG-E keine GrESt ausgelöst, weil innerhalb eines Jahres nach Einbringung des Gesetzesentwurfes die Anteile tatsächlich übertragen wurde.

Diese Übergangsvorschrift sollte insbesondere für noch schwebend unwirksame Erwerbe von Anteilen an einer Projektentwicklungsgesellschaft problematisch sein, wenn das Verfügungsgeschäft (Closing) unter einer aufschiebenden Bedingung stand:

Beispiel: wie oben. Nach drei Jahren Projektentwicklung wurden alle Closingbedingungen erfüllt. Das Verfügungsgeschäft wird am 31. Oktober 2020 wirksam.

Lösung: Das Verfügungsgeschäft erfolgt mehr als ein Jahr nach Einbringung des Gesetzesentwurfes. Volle GrESt!

Vorgänge bei Übertragungen zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter

§ 6 Abs. 4 Nr. 3 GrEStG-E

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 [Nichterhebung der Steuer] gelten insoweit nicht, als

3. bei einem Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 2 oder Absatz 3a der Erwerber – im Fall der Erbfolge sein Rechtsvorgänger – innerhalb von 15 Jahren vor dem Erwerbsvorgang seinen Anteil am Vermögen der Personengesellschaft durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, es sei denn, einer der Erwerbe der Anteile am Gesellschaftsvermögen durch diesen Erwerber – im Fall der Erbfolge durch seinen Rechtsvorgänger – hat zu einem steuerpflichtigen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Absatz 2a geführt.“

Der neue Absatz 4 in § 6 GrEStG-E soll Gestaltungen erheblich erschweren, die durch einen zeitlich gestreckten Erwerb von Anteilen am Vermögen einer grundbesitzenden Gesellschaft Steuervergünstigungen zum Ziel haben.

Beispiel: Im Jahr 2020 überträgt die Alleingesellschafterin A GmbH 89% der Anteile an der grundbesitzenden C KG auf die B GmbH. Im Jahr 2033 überträgt A GmbH die restlichen Anteile auf die B GmbH. 

Lösung: Im Jahr 2020 keine GrESt gem. § 1 Abs. 2a GrEStG, da weniger als 90% übertragen. Im Jahr 2033 ist der 10-Jahreszeitraum verstrichen, so dass § 1 Abs. 2a GrEStG-E nicht verwirklicht wird. Aber die 15-Jahresfrist in § 6 Abs. 4 Nr. 3 GrEStG-E ist nicht abgelaufen, so dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht gilt. GrESt in voller Höhe!

Beispiel: Im Jahr 2018 erwirbt A GmbH die Anteile. Im Jahr 2028 kommt es zu einer Anteilsvereinigung.

Lösung: A GmbH ist kein Altgesellschafter, so dass sich die Haltefrist auf 15 Jahre nach § 6 Abs. 4 Nr.3 GrEStG-E verlängert. GrESt in voller Höhe! Nach bisheriger Rechtslage wäre GrESt lediglich im Verhältnis der zuletzt erworbenen Anteile erhoben worden.

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